Die Geschichte der Wasserversorgung in Stralsund

1234

Auffangen von Schnee- und Regenwasser in Gefäßen

1271

Vom Frankenteich erste Leitung bis zum Semlower Tor zur Speisung von 15 Brunnen. Aufbau eines Verteilungsnetzes (Södeleitungen)

1290

Wasserspeicher Andershofer Teich

1418

Nutzung der Quellen am Galgenberg und Verlegung einer Versorgungsleitung in die Stadt (Vorschlag vom Wasserkünstler Ricolaus Lilienwelt)

1630

Erwerb der Wasserrechte für den Borgwall- und Pütter See

1687

Entstehung der Stralsunder Wasserkunst. Ableitung des Wassers aus dem Knieperteich über eine Holzleitung über ein Pumpwerk mit Sammelbehälter unterm Dach zur weiteren Verteilung in die Stadt

1873

Heben des Wassers mit Dampfantriebsmaschinen

1878

Nutzung des Wasserturms als Hochbehälter und Ausbau des Versorgungsnetzes

1894

Aufgrund von Grundwassermangel Nutzung der Borgwallsees als Trinkwasserreservoir und Einweihung des Wasserwerkes am selbigen Standort bei Lüssow mit Filtrationsanlagen (Leistung 6.000 m³/d). Nutzung des Hochreservoir am Galgenberg und Errichtung eines neuen Verteilungsnetzes.

1932

Nutzung von Grundwasser über Tiefbrunnen (ca. 40 m) in der Nähe des Borgwallsees und Schaffung neuer Aufbereitungskapazitäten im Wasserwerk Lüssow. Umstellung des Wasserwerkes Lüssow von Dampfbetrieb auf Elektrobetrieb

1945

Umfangreiche Modernisierungs- und Rekonstruktionsarbeiten am Hauptwasserwerk Lüssow

1959

Modernisierung des Wasserwerkes Lüssow - Inbetriebnahme einer Schnellfilteranlage

1960

Einbeziehung der Wasserwerke Andershof I und II in die Wasserversorgung der Stadt Stralsund

1966

Bau einer Absetzanlage für die Rückhaltung organischer Stoffe aus dem Oberflächenwasser des Borgwallsees mit Flockungsreinigung

1988

Optimierung der Aufbereitungsanlage. Umrüstung der alten Absetzanlage zur Flockungs- und Röhrensedimentationsanlage (6-7 Tm³/d). Ausbau und Modernisierung des Versorgungsnetzes Anschluss von umliegenden Ortschaften der Stadt Stralsund.

1992

Ausbau des Rohrwassernetzes und der Wasserfassungen und Ablösung der Oberflächenwasseraufbereitung durch Grundwasserbereitstellung

1945 - 2000 

Ständige Modernisierungs- und Rekonstruktionsarbeiten in den Wasserwerken und dem gesamten Verteilungsnetz der Stadt zur Gewährleistung einer stabilen Trinkwasserversorgung nach Menge, Druck und Güte

Die Geschichte der Abwasserbehandlung in Stralsund

1859

Beginn der unterirdischen Entwässerung der Stadt

1885

Bereits 2.622 m besteigbare Siele und 12.285 m Röhrensiele mit Auslauf in den Strelasund ohne Klärvorrichtung

1890

Erste Klärvorrichtungen für Grobstoffe im Auslauf

1930

Zusammenlegung der beiden Hauptsielausläufe (Frankenstammsiel und Knieperstammsiel) und Errichtung einer Kläranlage für 40.000 Einwohner mit mechanischer Reinigung

1953

Aufgrund der Gewässerbelastung wurde mit dem Bau einer zentralen Kläranlage am nördlichen Bahnbogen der Rügenbahn an der Bauhofstraße begonnen (Kapazität bis 100.000 Einwohner)

1993

Fertigstellung der Verbindungsleitung (Hauptsammler) alte und neue Kläranlage und somit zentrale Erfassung der gesamten Abwässer der Stadt Stralsund und deren mechanische Reinigung; der Anschlussgrad betrug damit 98,9 Prozent

1995

Inbetriebnahme der modernisierten und erweiterten vollbiologischen Kläranlage mit einer maximalen Reinigungsleistung für 120.000 Einwohner

1997

Inbetriebnahme der Schlammfaulanlage mit einer erzeugten Klärgasmenge von ca. 640.000 m³/a und einer Stromerzeugung über 3 Blockheizkraftwerke mit einer Kapazität von ca. 1,2 Mio kWh für den Eigenbedarf der zentralen Kläranlage

2000

Die Stadt Stralsund verfügt über eine dem Stand der Technik entsprechende hochmoderne Kläranlage mit einem Anschlussgrad von fast 100 Prozent. Das Kanalnetz hat eine Länge von 170 km.

Die Stralsunder Wasserkunst

Am 10. und 11. Oktober 1678 wurde Stralsund durch Kurfürst Friedrich Wilhelm furchtbar zerstört, wo bei kriegerischen Auseinandersetzungen mehr als die Hälfte der Gebäude in Trümmerhaufen verwandelt wurden. Des weiteren fielen durch die Unvorsichtigkeit einer Frau am 16. Juni 1680 in der Blauturmstraße durch eine Feuerbrunst abermals etwa 230 Häuser in Schutt und Asche. Hierbei brannte auch das Rathaus teilweise aus, und der Arthushof wurde völlig zerstört.

Infolge dieser entsetzlichen Ereignisse trat im Sommer 1687 eine Anzahl Bürger zusammen, um die Errichtung einer neuen Wasserleitung ins Leben zu rufen. In den darauffolgenden Jahren entstand die Stralsunder Wasserkunst. Das Wasser wurde aus dem Knieperteich, zu dessen Reinhaltung sich die schwedische Krone 1685 verpflichtet hatte, durch zwei Röhren entnommen und in einen Brunnen unter dem Kunstgebäude geleitet. Ein Pumpwerk, das von dem wismarschen Kunstmeister von Zwolle errichtet wurde, schaffte das Wasser von dort in einen Behälter im zweiten Stockwerk. Aus diesem hob ein zweiter Pumpsatz das Wasser in einen unter dem Dach befindlichen großen Sammelbehälter. Von dort wurde es durch hölzerne Röhren in die Stadt geleitet.

Zum Heben des Wassers wurde zuerst ein Wasserrad benutzt, das jedoch wegen des enormen Wasserverbrauchs aufgegeben und durch einen mit Pferden betriebenen Göpel ersetzt wurde. Erst im Jahre 1863/64 wurde teilweise Dampfbetrieb und 1873 voller Dampfbetrieb eingeführt. Das Rohrnetz wurde allmählich bedeutend ausgedehnt und das hölzerne Röhrensystem durch ein Eisernes ersetzt.

Im Jahre 1878 wurde das Sammelbassin unter dem Dach der Wasserkunst auf einen Wasserturm verlegt. Dieser erlaubte es, das Wasser in die oberen Stockwerke der Häuser zu leiten. Noch heute ist dieser Turm vorhanden. Er befindet sich am Kütertor.

Vom Jahre 1859 bis 1874 versuchte man durch eine ausgiebige Baggerung des Knieperteiches, eine Verbesserung des Wassers für die direkte Nutzung als Trink- und Brauchwasser zu erzielen. Die Baggerung bewirkte jedoch die gänzliche Ausrottung der Wasserpflanzen im Teich, eine stärkere Wucherung der Algen durch Nährstoff-Freisetzung und es trat eher eine Verschlechterung der Wasserqualität ein. Mitte des vorherigen Jahrhunderts herrschte infolge der schlechten Wasserqualität in Stralsund Typhus. Stralsund war dadurch bekannt und nicht zu Unrecht gefürchtet.

Die Vorarbeiten für die Errichtung des Wasserwerkes am Borgwallsee bei Lüssow, das noch heute die Stadt Stralsund mit Trink- und Brauchwasser versorgt, reichen bis zum Jahre 1856 zurück, in dem der Wasserleitungsbaumeister Lindley die Aufmerksamkeit auf den Borgwallsee lenkte. Damals glaubte man, an Stelle des bisher verwendeten Oberflächenwassers, Grundwasser in genügender Menge in der Umgebung von Stralsund finden zu können. Man beauftragte den Ingenieur Thiem, die weitere Umgebung systematisch zu untersuchen. Da diese in der Umgebung von Stralsund ausgeführten Bohrungen keine Aussicht auf ausreichendes gutes Grundwasser versprachen, beschlossen die städtischen Körperschaften am 9. Oktober 1889 eine Einrichtung zu schaffen, durch die die Stadt mit einem durch Filtration möglichst gereinigten Wasser aus dem südlich und südwestlich gelegenen Seengebiet, dem Krummenhäger, dem Borgwall- und dem Pütter See, versorgt werden soll. Von diesem Zeitpunkt an gingen die Erkrankungsfälle an Typhus rapide zurück. Von der Zeit der Eröffnung des Wasserwerks an wurde das Wasser regelmäßig durch den Vorsteher des städtischen Untersuchungsamtes kontrolliert. Das Leitungswasser genügte im größten Teil des Jahres qualitativ den Mindestanforderungen. Es wurde als gesundes Trinkwasser und gutes Brauchwasser bezeichnet. In der heißen Jahreszeit aber ließ es zu wünschen übrig. Es trübte sich mehr oder weniger stark und hatte zeitweise einen widerwärtigen Geruch oder Geschmack. Außerdem trat bei Berührung mit Luft eine mehr oder minder starke Gelbfärbung und schließlich die Ausscheidung von braunen Flocken ein. Die Flocken bestanden in der Hauptsache aus Eisenhydroxyd, das aber nicht aus dem Rohwasser des Sees, sondern aus dem Zersetzungsprozeß der chlorophyllhaltigen Algen im Filter stammte.